Stille Nacht, hei… eher weniger!

Stille Nacht, hei… eher weniger!

Besinnliche Weihnachten und so? You dream Du! Vielleicht später, aber zuerst gibts ein bitzeli Hü-Hopp und Hohoho... Das Gute dabei, wir haben endlich ein Haus gefunden ❤️

― von Tim / 21. Dezember 2021

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Fangen wir vorne an

Wie wir im letzten Beitrag berichtet haben, starten unsere praktischen Einsätze in den Dörfern langsam. Wir hatten uns riesig gefreut, im Oktober und November noch mehr Englisch zu unterrichten und es sah gut aus, dass wir zwei Wochen authentisch bei einer Familie in einem abgelegenen Dorf wohnen können. Das Ziel dieser «Überlebenswoche» ist mal vollkommen in die Realität der betroffenen abzutauchen und selbst zu erfahren, wie das Leben für die Lokalen ist.

Oktober

Nur, aus den Einsätzen und der Überlebenswoche wurde vorerst nichts… Ein paar Tage nach dem letzten Blog-Post hatte ich leichten Husten. Ich habe mir nicht viel dabei gedacht, weil die Hustensaison ja im Herbst anfängt und ich jedes Jahr ein paar Tage lang erkältet bin. Am Abend wurden die Schmerzen schlimmer und am nächsten Tag erhielt ich die Nachricht, dass jemand aus unserem Team positiv auf Corona getestet wurde. Nach einem positiven PCR Test bei Silvia und mir durften auch wir für zwei Wochen in Isolation.

Gott sei Dank wurden wir von einem schweren Verlauf bewahrt. Sowohl Silvia und ich hatten zwei bis drei schlimmere Tage und danach noch etwa zwei Wochen lang «wenig Luft»: selbst bei kleinsten Anstrengungen wie eine Treppe hochsteigen mussten wir kurze Pausen einlegen. Von den Kindern waren in dieser Zeit Anna (an ihrem Geburtstag ☹), Ruben und Elia mit ähnlichen Symptomen für einen Tag krank. Lara ging es die ganze Zeit super.

Inzwischen sind wir wieder alle gesund und munter, ohne spürbare Nachwehen.

PS: Wir sind so froh, dass wir kein Problem mit dem Geschmackssinn hatten. 🍲 💖

November

Nachdem diese kleine Unannehmlichkeit abgehakt war, konnte ich in Vadul lui Voda beim Essen verteilen helfen. Jeden Tag werden in den umliegenden Dörfern warme Mahlzeiten an bedürftige Rentner verschenkt, da die offizielle Rente bei weitem nicht reicht. Im Winter wird zusätzlich Feuerholz, Essenspakete, Kleider, etc. verteilt. Es tat gut, endlich «so richtig» in unserem Team mitzuhelfen. Ich erlebte in dieser Woche die ganze Bandbreite an Emotionen. Am Montag meinte eine blinde, ältere Dame zu Lena (Lena ist die Pfarrersfrau und macht diese Arbeit seit drei Jahren), dass sie am liebsten sterben würde. Lena nahm sich Zeit ihr zuzuhören und mit ihr über Gott zu sprechen, worauf sich die Frau für Jesus entschied. Es war schön zu sehen, wie tragfähig nah die Beziehungen mit der Zeit werden können, wenn man für die Menschen da ist.

Anderseits brachten wir am Freitag einer anderen Frau ihr Essen und sahen, dass sie am Bein stark blutete. Einer der Streunerhunde hatte sie ziemlich tief gebissen. Ein Arztbesuch kam nicht einmal zur Sprache – das Geld dafür fehlt schlichtweg. Wir gaben ihr unser Handdesinfektionsmittel und sagten ihr, sie solle es sparsam nutzen, um die Wunde etwas sauber zu halten. Mehr konnten wir nicht tun. Das traf uns beide sehr. Die Stille auf der Weiterfahrt fühle ich noch heute und Lenas traurige Augen sagten mehr als Worte.

Dezember

Wir haben unsere Aufenthaltsbewilligung und die Moldawische ID-Karte erhalten, damit können wir uns nun um ein Bankkonto und schlaue Mobilfunkverträge kümmern.

Obwohl es lange nicht danach aussah, konnten wir Ende November doch noch ein Haus in Boșcana besichtigen. Und es ist sogar richtig gut. Es hat eine Gasheizung, fliessendes (kaltes) Wasser, eine Badewanne und sogar – Trommelwirbel – ein funktionierendes WC im Haus! Das Beste ist jedoch eine Veranda mit Südsicht über das Tal und Boșcana. Ich stelle mir schon vor wie wir dort sitzen, mit einem heissen Kaffee und frischem Brot, die ersten Sonnenstrahlen tankend…

Die mündliche Zusage haben wir schon, jetzt stehen noch ein paar kleinere Umbauarbeiten an. Zum Beispiel hatte das Wohnzimmer keine Heizung. Das hat der Hausbesitzer schon selbst gemacht (er arbeitet bei einer Gas-Firma und macht das täglich, keine Angst 😉). Nächste Woche werden in einigen Zimmern neue Fenster installiert.

Wir haben jetzt 14 Tage Zeit um Teppiche zu kaufen und zu montieren, damit Elia und die grossen Kinder am Boden spielen können. Möbel brauchen wir auf jeden Fall auch noch, und einen Kühlschrank. Ein Boiler wäre nicht verkehrt. Ob die Waschmaschine noch funktioniert, wissen wir nicht. Für einen Geschirrspüler wird’s wohl vorerst nicht reichen. Und weil hier in Moldawien immer alles zwei Wochen dauert, wird es perfekt aufgehen, bevor wir Anfang Januar alles gepackt haben müssen und aus unserer Villa ausziehen. Haha, nie! Es dauert immer alles länger und am Ende klappts doch irgendwie.

Wie geht’s uns?

Așa și așa (Mal so, mal so). Es gibt Tage, da freuen wir uns unglaublich auf unsere neue Arbeit. Und an Anderen nagt die Unsicherheit sehr, ob alles funktionieren wird. Klappt es mit der Wohnung? Sind wir hier wirklich richtig? Wie geht man sensibel vor, um Veränderung zu erreichen? Das ist normal in unserer Situation und wir wurden schon vor unserem Start von OM Schweiz darauf vorbereitet. Trotzdem gibt’s auch mal Tränen, wenn diese Gefühle überwältigend werden.

Hinzu kommt, dass Informationen nur spärlich und erst im letzten Moment geteilt werden und Pläne sich ändern, bevor sie überhaupt zu Ende gedacht sind. Das hat nichts mit der Organisation an sich zu tun, das ist einfach Moldawien. Oder Afrika. Oder Asien. Oder eigentlich alles ausserhalb der Schweiz und ein paar anderen Ländern. Hier sagt man dazu «Vedem pe Loc» – schauen wir dann, wenn wir dort sind. Spontan sein ist entscheidend, und wir bildeten uns ein für Schweizer Verhältnisse eigentlich recht flexibel zu sein.

Naja, bis… wir am ersten Dezember-Montag erfuhren, dass wir am Freitag in einer Sitzung alle Infos bekommen, um drei Tage später doch noch für zwei Wochen in ein Dorf zu fahren. Vor Weihnachten. Zweieinhalb Stunden nördlich von hier. Während wir doch unser neues Haus herrichten sollen. Wir haben uns schweren Herzens entschieden, die zwei Wochen auf später zu verschieben. Zum Einen wegen dem Haus, und zum Anderen weil Ruben und Lara sich sonst innerhalb von 4.5 Monaten 7 mal in ein neues Umfeld einfügen müssten. Das mag jetzt erstmal verständlich klingen, aber es war sehr schwer in dieser Situation so zu entscheiden. Schliesslich sind wir hier, um zu helfen und haben uns riesig auf diese zwei Wochen gefreut. Es fühlte sich in dem Moment schon als kleine Niederlage an, dass wir nicht alles gleichzeitig stemmen können.

Aber hey, das klingt jetzt alles dramatischer als es ist. Die Zeit des Wartens und der Unsicherheit war einfach herausfordernder als wir erwartet haben. Und da wir hier nicht auf Instagram sind, wo immer alles rosarot ist, geben wir euch einen ehrlichen Einblick in unser Gefühlsleben. Umso mehr freuen wir uns jetzt, dass es mit dem Haus funktioniert hat und wir im Januar in «unserem Dorf» Boscana starten dürfen.  Vielleicht. Hoffentlich. Glaube ich zumindest. Vedem pe Loc. 😊

Tim und die Famile
wünschen euch eine gesegnete, erholsame und wunderbare Weihnachtszeit.
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